meine güte, schöne hüte.
2008 rief der berliner bildende künstler und hutmacher günter unterburger auf der grassimesse in leipzig zur befreiung der hüte von unnötigem zierrat und behübschungen auf, manifest und flugblatt inklusive! nicht verwunderlich, dass ihn die wiener galerie v&v drei jahre zuvor mit walli jungwirth für eine ausstellung zusammengespannt hat: meine güte, schöne hüte!
auch heute noch haben viele der von walli jungwirth entworfenen hüte etwas skulpturales, aber es sind vor allem die falthüte, die zu ihrem markenzeichen geworden sind: »meine antwort auf heutige anforderungen an hutdesign sind möglichst bequeme, leichte, unkomplizierte, variable, auch multifunktionale kopfbedeckungen. meine hüte kann man rollen, falten, einpacken, ohne dass sie sich wesentlich verändern. knicke bleiben sichtbar, wirken dekorativ und betonen die große linie. sie wirken auf den ersten blick schlicht, fast spartanisch, entwickeln ihre besonderheit, ihren witz in der verwendung.« besitzbar heißen diese falthüte, und das sind sie auch: selbst wörtlich genommen und als sitzunterlage missbraucht verlieren sie nicht die fasson.
walli jungwirth hat sich in den 70er jahren, zu einer zeit weitgehenden desinterresses an hüten, an der modeschule hetzendorf zur modistin ausbilden lassen. ausschlaggebend war die vielfalt der werkstoffe und der sich daraus ergebenden möglichkeiten. die ausbildung in hetzendorf schuf die grundlagen für ein freies aber handwerklich fundiertes umgehen mit materialien aller art.
es folgte ein studium der schriftgrafik und buchgestaltung an der meisterklasse der hochschule für angewandte kunst in wien.
danach japan: »mit einem zweijähriges stipendium an der kyoto city university hatte ich die möglichkeit, mich mit japanischer kalligrafie auseinanderzusetzen, wobei mich die herangehensweise japanischer künstler mit schrift und papier besonders interessierte. inspirativ wurde dieser aufenthalt nicht nur für mein schriftdesign, er beeinflusste auch meine arbeit als hutgestalterin.«
in ihrer langjährigen lehrtätigkeit an der hochschule – jetzt universität – für angewandte kunst und an der modeschule hetzendorf schlägt sich diese wechselseitige beeinflussung nieder. walli jungwirth bezeichnet ihren unterricht folgerichtig als »formale grundschulung durch den umgang mit den bereichen schrift, buch und hut«.
das wien museum hat 2016 eine viel beachtete ausstellung über die sozialgeschichte des bedeckten kopfes gezeigt. kein wunder eigentlich, dass sich zwei von walli jungwirths sehr demokratisch-egalitären falthüten unter den exponaten fanden: chapeau!