keramik aus leidenschaft.
»vasen, schalen, schüsseln, teller, gerätschaften für die durchschnittlichkeit des lebens, aber diese geräte schaffen die durchschnittlichkeit des täglichen gebrauchs sofort wieder ab. sie schaffen ihren eigenen gebrauch mittels schönheit wieder ab, denn man sieht ja nur noch diese schönheit, man kann gar nichts mehr sagen.« (elfriede jelinek: ohnsorg oder: die äußerste möglichkeit. in: die presse, 28.8.2010.)
das nö dokumentationszentrum für moderne kunst zeigt im stadtmuseum st. pölten bis 16. april 2017 keramik von kurt ohnsorg, der heuer 90 jahre alt geworden wäre, und würdigt damit einen der bedeutendsten österreichischen keramiker des 20. jahrhunderts. kurt ohnsorg (1927–1970) schließt sein studium an der hochschule für angewandte kunst in wien 1950 mit einem diplom für keramik bei robert obsieger ab, gründet 1954 ein experimentalstudio, 1955 eine eigene werkstätte und 1961 (mit alfred seidl) das josef-hofmann-seminar für keramische gestaltung in wien, initiiert 1963 die internationalen keramiksymposien in gmunden, die er in der folge auch leitet, und lehrt ab 1969 an der linzer kunstschule, wo er eine meisterklasse und professur für keramik etabliert.
»das werk von kurt ohnsorg bedeutet einen radikalen ästhetischen bruch mit der österreichischen keramiktradition [...]. im aufreißen der glatten keramischen oberflächen, in ihrer farblichen und gestalterischen vitalisierung durch extreme bearbeitungen sowohl physisch als auch im chemischen verfahren hat kurt ohnsorg eine bemerkenswerte singularität entwickelt [...]. seine intensionen einer ›vulkanischen‹ oberfläche (noch immer schwingt archaisches mit, wenn es um keramik geht) situiert ihn im kontext der bildenden kunst in damalige kunstströmungen wie die wiener gruppe, den aktionismus, neoexpressive tendenzen (hätte ohnsorg seine werke 50 jahre früher geschaffen, er wäre *der* expressionistische keramikkünstler gewesen); in gewisser weise lassen sich auch spuren zur art brut oder zur arte povera finden, was das handling des materials und das gestalterische selbstverständnis betrifft«, schreibt der kurator carl aigner im begleittext zur ausstellung.
den arbeiten ohnsorgs gegenübergestellt werden keramiken seines ehemaligen assistenten und späteren nachfolgers an der meisterklasse keramik in linz günter praschak und sechs von dessen schülerinnen: maria baumgartner, martina funder, margarete geffke, gabriele hain, ingrid miura-grininger und barbara reisinger.
ebenfalls unter dem titel keramik aus leidenschaft ist soeben auch eine erste werkmonographie zu kurt ohnsorg erschienen, herausgegeben von carl aigner und reinhard linke im verlag bibliothek der provinz, die auf 176 seiten neben interviews mit wegbegleitern, zeitzeugen und sammlern über 500 seiner werke dokumentiert.